Die Niederlande stellten damals eine bedeutende wirtschaftliche Macht dar. Antwerpen war ein Zentrum des europäischen Kapitalmarktes. Antwerpen und Rotterdam waren durch ihre Häfen außerdem bedeutende Umschlagplätze für den Handel mit Waren aus Übersee und den neuen – spanischen – Kolonien in Südamerika. Der Calvinismus – die von dem französisch-schweizerischen Reformator Jean Calvin geprägte Reformation – verbreitete sich im 16. Jahrhundert in den Niederlanden. Die calvinistischen Gebiete strebten die Unabhängigkeit von den katholischen Herrschern an. Für diese kam das nicht in Frage wegen der geballten wirtschaftlichen Macht und wegen der wichtigen strategischen Lage.

Spanische Truppen (König Phillip II., rechts) und Streitkräfte der Separatisten (Prinz Moritz von Oranien, links) und ihre jeweiligen Verbündeten lieferten sich auch am Niederrhein mehrere Schlachten. Manche Orte wurden Spielball der jeweiligen Machthaber, die mehrfach wechselten – und damit auch die Konfession. Denn der Krieg ging einher mit der Verfolgung der jeweils Andersgläubigen – mehr als 100.000 calvinistische Flüchtlinge hatten Zuflucht am Niederrhein gefunden.

 


Graf Wirich VI.
, der Herr auf der Burg Broich von 1554-98, hatte sich auf die Seite der protestantischen Niederländer geschlagen. Dafür dürfte weniger seine religiöse Überzeugung eine Rolle gespielt haben, denn diese Entscheidung kann durchaus auf dem Hintergrund der chaotischen Herrschaftsverhältnisse unter den Herzögen von Jülich-Kleve-Berg gesehen werden: Wilhelm V. suchte nach einer Reform des Katholizismus, sein Sohn Johann Wilhelm war regierungsunfähig, endete im Wahnsinn und kinderlos. Machte sich Wirich Hoffnungen auf die Herzogkrone mit Hilfe der calvinistischen Oranier?

 

Im Jahre 1598 belagerten 5000 spanische Söldner mit Kanonen die Broicher Festung und zerstörten sie – Wirich musste mit seinen 200 Leuten aufgeben und wurde einige Tage später trotz der eidlichen Zusicherung freien Abzugs getötet und verbrannt.

Die Niederländer retten Mülheim

Die Geschichte kennt zwei Schlachten bei Mülheim. Die erste am 9. Oktober 1605, als spanische Truppen sich auf Broich und Mülheim bewegten, verwickelten sie niederländische Verbände in den Speldorfer und Broicher Ruhrwiesen und im Dorf Mülheim in blutige Kämpfe. Als die Niederländer kurz vor dem Sieg standen, wurde das Gerücht gestreut, die Spanier schickten Verstärkung, was aber nicht stimmte. Die Niederländer zogen ab und die Spanier blieben.

 

 

 

 

Vier Jahre später – im Februar 1609 – kam es zur zweiten Schlacht bei Mülheim zwischen den spanischen und niederländischen Söldnertruppen. In einer Art Straßenkampf trieben die Holländer unter Daniël de Hertaing die Spanier durch das Dorf Mülheim, wo sie auf dem Kirchplatz mehrere hundert Gefangene machten. Mehr als hundert Spanier konnten sich aber in der Petrikirche verschanzen, woraufhin ihre Gegner die Häuser an der Kirchenmauer in Brand steckten um ihre Verteidigung zu brechen.

Am 8. März sprach Prinz Moritz von Oranien dem Broicher Grafen Johann Adolf schriftlich sein Bedauern aus, dass von seinen Truppen etliche Häuser im Dorf Mülheim in Brand gesteckt worden seien und dass er sich für Entschädigung bei den Generalstaaten einsetzt. Einen Monat später wurde in Antwerpen ein Waffenstillstand geschlossen. Während im übrigen Deutschland noch bis 1648 Krieg herrschte, den wir als den Dreißigjährigen bezeichnen, war in Mülheim erst einmal Ruhe.

Text: Günter Fraßunke