Seit den Überlegungen über den Beginn der Märchen habe ich immer wieder nicht nur Märchenfreunde, sondern auch allgemeine Bekannte, Freunde, Nachbarn, Verwandte gefragt:
„Wisst ihr, mit welchen Sätzen die Märchen der Gebrüder Grimm enden?“ 
Oft, ja zu oft erhielt ich die Antwort:
„… und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute…“

An dieser Stelle nun erscheint – wie in meinem ersten Beitrag – ein neues ABER, wenn ich diese Antwort erhielt.
Diese Antwort ist uns allen vertraut, und es scheint, dass alle Märchen so enden könnten. Aber das scheint nur so! Denn: Nur ein einziges Märchen der Grimms, nämlich das Märchen „Der Fundevogel“, endet mit diesem Satz!

Dagegen handeln etliche Märchen von Glück und Lebensfreude der Helden. Das lässt den erwähnten Schluss „… und wenn sie nicht gestorben sind… “ nicht glaubwürdig klingen.

Als Beispiele seien genannt:
„Hänsel und Gretel“: Finanzielle Probleme sind überwunden.
„Hans mein Igel“: Körperliche Behinderungen wurden besiegt.
„Die Gänsemagd“: Das Gute hat über das Böse gesiegt.  

Manche Schlusssätze nehmen auch Fragen aus dem Text auf, die auch der Leser gesagt haben könnte:
„Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“:
Frage des Lesers: „Fährt er wohl noch …?“
Antwort: „Es wird ihm niemand die Stange abgenommen haben.“

Auch bei Glück und Harmonie kann eine Aufforderung an den Leser einen Abschluss bilden:
„Hans mein Igel“: „Mein Märchen ist aus, und geht vor Gustchen sein Haus“.

Manchmal sind Endungen mancher Märchen einfach nur lustig:
„Hänsel und Gretel“:
„Mein Märchen ist aus, dort läuft eine Maus.
Wer sie fängt, darf sich eine große Pelzkappe daraus machen!“

Oder: Ein Märchen endet durch einen gereimten Zweizeiler:
„Der Eisenofen“: „Da kam eine Maus, das Märchen war aus.“

Auch das Geld spielt als „Mittel zum Zweck“ eine Rolle im
„Vom klugen Schneiderlein“ 

oder vom Strafgeld ist die Rede in
„Die zwei Brüder

Das Märchenende kann auch Lebensregeln verkünden
„Der Nagel“: „Eile mit Weile“
„Der Sperling und seine vier Kinder“: „… dem Will Gott Schutz und Helfer sein.“

Das Märchen „Der goldene Schlüssel“ lässt den Leser orientierungslos zurück:
Er erfährt nicht, welche Schätze In dem verschlossenen Kistchen liegen; das Ende ist Geschickt formuliert: „Da drehte er den Schlüssel einmal herum, und nun müssen wir warten, bis er vollends aufgeschlossen und den Deckel aufgemacht hat, dann werden wir erfahren, was für wunderbare Sachen in dem Kästchen lagen.“

Text: Kathrin Kruse
Foto: M. Jutta auf Pixabay